Gefährdet der Klimawandel unsere persönliche Gesundheit in Deutschland?

In Zeiten des neuartigen Corona Virus rückt unsere Gesundheit zurecht mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen und privaten Diskussionen. Der Klimawandel, bis vor kurzem noch das große Thema, ist in der tagesaktuellen Diskussion nicht mehr so präsent. Aber natürlich sind der Klimawandel und die damit einhergehende Problematik nicht verschwunden. So war der April diesen Jahres wieder durch eine besondere Trockenheit geprägt. Ein zu erwartender Anstieg auch an menschlichen Opfern durch vermehrte Dürre, Brände oder Unwetterereignisse wie Stürme und Starkregen sind vielen von uns bekannt. Doch welche weiteren Auswirkungen hat eigentlich der Klimawandel ganz konkret auf unsere eigene Gesundheit?

Wesentliche Grundlage für die Gefährdung unserer eigenen Gesundheit ist der Anstieg der globalen Temperatur. Wie stellt sich dieser globale Trend aber ganz konkret für Deutschland dar? Daten des Deutschen Wetterdienst zeigen, dass die Anzahl an Tagen mit extremen Temperaturen auch in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Hatten wir im Jahr 1950 noch durchschnittlich zwei Tage im Jahr, an denen die Temperatur im deutschen Durchschnitt (das sogenannte Gebietsmittel) über 30°C lag, so sind es jetzt – 70 Jahre später – schon knapp zehn Tage (Abb. 1). Wir erinnern uns auch an den Sommer 2019, in dem es an drei aufeinanderfolgenden Tagen an mehreren Orten in Deutschland über 40°C heiß war. Am 25. Juli 2019 wurde der deutsche Hitzerekord mit 42,6° in Lingen im Emsland gebrochen.

Abbildung 1: Anzahl der Tage mit einer Lufttemperatur von über 30°C im Gebietsmittel in Deutschland. Innerhalb von 70 Jahren stieg dieser Wert im Schnitt von zwei auf knapp zehn Tage. Eigene Darstellung nach Daten des Deutschen Wetterdienst.

Diese hohen Temperaturen führen zu vermehrten Herz-Kreislaufproblemen und Atembeschwerden, vor allem bei älteren Menschen. Durch die höheren Temperaturen schwitzen wir mehr und es kann zu einem Flüssigkeitsverlust kommen. Das Blut wird zähflüssiger und die Konzentration wichtiger Ionen im Körper kann sich verändern. Umgangssprachlich spricht man häufig einfach von Salzverlusten. Mit dem Alter nimmt auch die Fähigkeit zur Thermoregulation ab.

Es hat sich gezeigt, dass die durchschnittliche Mortalitätsrate während Hitzewellen stark ansteigt. Im außergewöhnlich heißen Sommer 2003 beispielsweise sind in Deutschland 7.600 zusätzliche Menschen, zumeist Ältere, verstorben. 2006 und 2015 waren es jeweils rund 6.000 zusätzlich Verstorbene. In ganz Europa gab es 2003 ca. 70.000 zusätzliche Hitzetote. Diese Zahlen zeigen eindrücklich, dass der Klimawandel und die damit verbundene erhöhte Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen direkt Einfluss auf unser Wohlbefinden und unser Leben nimmt.

Zukünftig werden wir auch mit vermehrten und vor allem auch neuen Infektionserkrankungen in unseren Regionen konfrontiert werden. In unseren Breitengraden breiten sich zunehmend invasive Stechmücken wie die Japanische Buschmücke oder die Asiatische Tigermücke aus – Überträger des West-Nil-Virus, des Zika-Virus oder des Dengue-Virus. Funde dieser Insekten nehmen vor allem im Südwesten unseres Landes zu (Abb. 2).

Abbildung 2: Anteil positiver Befunde der Tigermücke in %. Proben aus der Region des Oberrheins. Für 2010 und 2011 (grau) sind keine Daten vorhanden. Eigene Abbildung nach einer Publikation des Umweltbundesamtes

Darüber hinaus beobachten wir zudem eine zunehmende Verbreitung von Zecken, was zu einem verstärkten Auftreten von FSME und Borreliose führt. Auch invasive tropische Zecken der Gattung Hyalomma finden sich vermehrt in unseren Breitengraden. Diese übertragen das Krim-Kongo-Hämorrhagische Fieber, das bereits jetzt auf dem Balkan zu finden ist und abhängig von der medizinischen Versorgung und des exakten Virenstamms eine Letalität von bis zu 50% aufweist.

Aufgrund der Jahreszeitenveränderung werden auch die saisonalen Zeiträume länger, in welchen allergene Pollen auftreten. Damit einhergehend steigt die Pollenmenge, so dass allergische Reaktionen sowie Asthma verstärkt auftreten. Auch die späte Blütezeit von Juli bis Oktober bringt eine zusätzliche Belastung für Allergiker mit sich. Forscher schätzen, dass sich die Anzahl der Betroffen bis Mitte des Jahrhunderts verdoppeln wird. Der Klimawandel begünstigt zudem die Ausbreitung „neuer“ allergener Arten wie beispielsweise Ambrosia. Die Pollen von Ambrosia können starke Allergien auf Ebene der Augen und Atemwege auslösen. 

Die zunehmende Erwärmung von Gewässern wie beispielsweise der Ostsee (zwischen 1982 und 2007 um 1,35°C) führt zu verbesserten Lebensbedingungen für Krankheitserreger, was der Anstieg an Vibrio-Keimen zeigt. Diese sind vor allem für Menschen mit Vorerkrankungen oder geschwächten Immunsystem gefährlich, da sie Wundinfektionen, Blutvergiftungen und Durchfall hervorrufen können. Dem gegenüber breiten sich mit ansteigenden Gewässertemperaturen in Badeseen Cyanobakterien (Blaualgen) aus, die Hautreizungen, Magen-Darm-Beschwerden und Atemwegserkrankungen auslösen können. 

Fazit: Der Klimawandel ist ein Prozess, der nicht nur in fernen Ländern stattfindet und dort Schäden anrichtet. Der Klimawandel beeinträchtigt auch unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden hier in Deutschland, was schon jetzt festzustellen ist. Die fortschreitende globale Erwärmung wird dieses Problem auch hier stärker hervortreten lassen. Es lohnt sich also, Maßnahmen zu ergreifen, den Klimawandel zu begrenzen. Aber auch Maßnahmen, welche die Folgen des Klimawandels erträglicher machen: Ein gutes Gesundheitssystem und eine entsprechende Prävention auf persönlicher Ebene.