Dieser Tage erreichen uns immer wieder die Meldungen über Wassermangel, trockene Böden und Ernteeinbußen. In manchen Regionen wurde die Nutzung von Trinkwasser eingeschränkt und in Lauenau in Niedersachsen mussten die Bewohner gar von der Feuerwehr mit Frischwasser versorgt und Trinkwasser im Supermarkt gekauft werden. Gleichzeitig haben manche den Eindruck, dass es doch zuletzt viel geregnet habe – zumindest in manchen Gegenden von Deutschland – und dass alles doch nicht so schlimm sein könne. Und gerade heute, am Tag der Veröffentlichung dieses Beitrags regnet es in Deutschlands Süden ausgiebig. Wir haben uns das mal etwas genauer angeschaut und wollen heute über den Begriff der Dürre berichten…..
Was beschreibt eigentlich der Begriff Dürre? Dieser Begriff wird verwendet, wenn man ausdrücken möchte, dass der Boden sehr trocken ist, also ein geringe Bodenfeuchte besteht. Dazu muss man zunächst einmal wissen, wie feucht der Boden zu den verschiedenen Jahreszeiten normalerweise ist; der Boden ist im Winter feuchter als im Sommer. Um einen „normalen“ Wert für die Feuchtigkeit des Bodens zu erhalten – die Wissenschaft spricht von einem Durchschnittswert – muss man diesen über viele Jahre sowie mehrmals pro Jahr – am besten täglich – messen. So erhält man auch einen maximalen und einen minimalen Wert der Bodenfeuchte für einen bestimmten Zeitpunkt im Jahr. Da die Bodenbeschaffenheit an verschiedenen Orten ganz unterschiedlich ist, kann man die Bodenfeuchte auch nur auf einen bestimmten Ort beziehen. Sandige Böden können Wasser zwar sehr gut aufnehmen, aber nur schlecht speichern; lehmige Böden hingegen können Wasser gut speichern. Halten wir als erstes Fazit fest: Will man einen Überblick über die Bodenfeuchte erhalten, muss diese über längere Zeiträume gemessen und dies für einzelne Orte getrennt vorgenommen werden.
Kommen wir zurück zum Begriff Dürre. Wir drücken damit aus, dass ein Boden aktuell besonders wenig Wasser gespeichert hat, also eine geringe Bodenfeuchte vorherrscht. Wenn die Bodenfeuchte unter die sogenannte 20-Perzentile fällt, spricht man von einer Dürre. In anderen Worten ausgedrückt: Der Boden hat dann nur noch 20% der maximal gemessenen Feuchtigkeit zu dieser Zeit des Jahres. Im Bereich von 20-30% hingegen spricht man von ungewöhnlicher Trockenheit. Der Bereich von 0-20%, also dem Bereich der Dürre, wird weiterhin in verschiedene Klassen eingeteilt.
Bei den Berechnungen und Darstellungen zur Dürre des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung, dem Dürremonitor, die in entsprechenden Karten erfolgt, wird zudem unterschieden, in welcher Tiefe die Trockenheit oder Dürre besteht. Einmal wird ein Bereich von bis zu 1,80 Meter dargestellt, das andere Mal nur der Oberflächenbereich bis zu einer Tiefe von 25 cm. Außerdem wird das sogenannte Pflanzen-verfügbare Wasser dargestellt. Die letzten beiden Wert sind beispielsweise für die Landwirtschaft wichtig, der erste Wert für unsere Wälder, da viele Bäume aus diesen Tiefen Wasser holen.
Wenn wir uns eine solche Karte anschauen, sehen wir den Dürrezustand der Böden in einer Auflösung von bis zu 4×4 km. Aber wird jetzt an all diesen Orten kontinuierlich die Bodenfeuchte gemessen? Nein, tatsächlich beruht der Dürremonitor auf einem mathematischen Modell, welches die Niederschlagsmengen der Vergangenheit, die Temperaturen und die Bodenbeschaffenheit vor Ort berücksichtigt. Dieses Modell wird kontinuierlich mit tatsächlichen Messungen überprüft und optimiert. Das Modell wurde zudem nicht nur an ca. 220 Regionen in Deutschland überprüft, sondern auch an ca. 300 Regionen in Europa sowie in den USA, Kanada und Indien. Demnach handelt es sich mittlerweile also um ein Modell mit sehr hoher Prognosekraft. Informationen zu diesem Modell und dem Vorgehen finden sich auf der Homepage des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung. Das Modell selbst ist in verschiedenen Publikationen hier, hier oder hier beschrieben. Auf den Seiten des Helmholtz Zentrums können übrigens auch die zugehörigen Daten heruntergeladen und eingesehen werden – insgesamt also ein gutes Beispiel für transparente Wissenschaft!!!
Vergleichen wir abschließend noch die oben gezeigten Darstellungen. Insbesondere der Vergleich der Dürre bis zu 1,8 m Tiefe (links) einerseits und der Oberflächenfeuchtigkeit (Mitte) oder des Pflanzen-verfügbaren Wassers (rechts) andererseits löst den Widerspruch auf, den wir oben dargestellt haben. Obwohl es zuletzt in einigen Bereich in Deutschland geregnet hat und damit die Oberflächenfeuchtigkeit zugenommen hat, herrscht als Folge der heißen und trockenen Sommer 2018 und 2019 in der Tiefe nach wie vor hohe Dürre vor. Und vergessen wir auch nicht, dass es auch in diesem Frühjahr weit verbreitet sehr trocken war. In der medialen Aufmerksamkeit um die Corona-Pandemie ist dies etwas untergegangen.
Im rechten Teil der Abbildung wird das sogenannte Pflanzen-verfügbare Wasser dargestellt. Was verstehen wir darunter? Es handelt sich um das Wasser im Boden, welches von Pflanzen aufgenommen werden kann. Dazu muss sich das Wasser in mittelgroßen Poren befinden, wo es mehrere Tage im Boden vorgehalten werden kann. Sind die Poren zu klein, schaffen es die Pflanzen nicht, das Wasser gegen die Adhäsionskräfte aus der Erde zu saugen. Sind die Poren zu groß, versickert das Wasser zu schnell oder läuft einfach ab. Man spricht dann – etwas abstrakt – von der nutzbaren Feldkapazität (nFK). Als ungefähren Richtwert kann man sich merken: Liegt der Wert unter 30% nFK, setzt bei Pflanzen der Trockenstress ein. Bei Werten unter 50% nFK müssen Felder bewässert werden, um einen optimalen Ertrag zu erreichen.
Und übrigens: Die Trockenheit in 2018/2019 ist die stärkste Dürre der letzen 250 Jahre, wie eine neue Studie zeigt. Diese Studie zeigt auch, dass solche Ereignisse mit fortschreitendem Klimawandel häufiger zu erwarten sind. Und: Da unser Trinkwasser oft aus Grundwasser gewonnen wird, ist ein genaues Verfolgen der Bodenfeuchte auch in dieser Hinsicht von Bedeutung. Und vielleicht denkt der eine oder die andere auch mal über den eigenen Wasserverbrauch nach.