Korallen in Not

Die Korallenriffe gehören zu den Arten-reichsten Ökosystemen der Welt. Sie werden von sogenannten Nesseltieren gebildet, die meist nah unter der Wasseroberfläche tropischer Gewässer im Meer leben und dort Kolonien bilden. Diese Ökosysteme sind in ihrem Bestand gerade akut gefährdet – hier berichten wir warum, und was das mit dem Klimawandel zu tun hat.

Was sind Korallen überhaupt? Korallen werden durch eine große Gruppe von Nesseltieren gebildet, die ausschließlich im Meer und dabei insbesondere in den Tropen vorkommen. Sie sitzen in den meisten Fällen nahe der Küste dauerhaft auf dem Meeresgrund fest, wo das Wasser nicht sehr tief ist. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Weich- und Steinkorallen. Letztere haben die Fähigkeit, skelettartige Strukturen zu bilden. Dies geschieht über die Einlagerung von Kalk, Calciumcarbonat, in dem letztlich auch Kohlendioxid, CO2, enthalten ist.  

Nach Absterben der Korallen bleiben die toten skelettartige Strukturen zurück, die von neuen Korallen überwachsen werden. So entstehen mit der Zeit sehr große zusammenhänge Korallenriffe am Meeresboden. Korallen ernähren sich durch Filtration von Wasser und nehmen dabei beispielsweise Plankton als Nährstoffe auf. Darüber hinaus leben insbesondere solche Korallen, die sich nah an der Wasseroberfläche befinden, vergesellschaftet mit bestimmten Algen (sogenannte Zooxanthellen). Diese bilden über Photosynthese wichtige Nährstoffe für die Korallen. Da auch die Algen von diesem Austausch profitieren, indem sie beispielsweise von den Korallen CO2 erhalten, spricht man in diesem Zusammenhang von einer Symbiose. Diese Algen sind auch verantwortlich für die Farbenpracht, die häufig mit den Korallen assoziiert wird.

Abbildung 1: Gesundes Korallenwachstum. Die weißen Spitzen der Koralle rechts sind gesunde Wachstumsspitzen. Diese beinhalten noch keine Zooxanthellen, die erst in einem späteren Wachstumsstadium in das Gewebe einwandern und es dann braun färben. Das Foto wurde freundlicherweise von PD Dr. Dieter Brockmann, Ulm, zur Verfügung gestellt.

Warum sind Korallen akut gefährdet? Die meisten Algen, die mit den Korallen zusammenleben und auf die die Korallen angewiesen sind, sind extrem temperaturempfindlich. Mit dem Klimawandel erwärmt sich auch das Meer, wodurch die mit den Korallen in Symbiose lebenden Algen absterben. In der Folge werden die Algen dann von den Korallen abgestoßen, womit ein Lieferant von Nahrungsbestandteilen verloren geht und eine akute Lebensgefahr für die Korallen besteht. Kommen die Algen nicht schnell genug zurück, sterben die Korallen ab – zurück bleiben deren Kalkskelette. Da bei diesem Prozess auch die Farbenpracht der Korallenriffe verloren geht, spricht man von der Korallenbleiche. In der Folge werden die abgestorbenen Korallenriffe von anderen Algenarten überwuchert.

Abbildung 2: Vollständig ausgebleichter Riffabschnitt im Roten Meer. Algen haben schon fast vollständig die abgestorbenen Korallen überwuchert. Das Foto wurde freundlicherweise von PD Dr. Dieter Brockmann, Ulm, zur Verfügung gestellt.

Unter Umständen können sich Korallenriffs wieder erholen. Dies ist allerdings ein sehr langwieriger Prozess. Kommt es in dieser Regenerationszeit zu einer erneuten Korallenbleiche, schwindet die Regenerationsfähigkeit des Korallenriffs, was schlussendlich  in einem irreversiblen Verlust der Riffs mündet. So starben 2016 bei einer Korallenbleiche im Great Barrier Reef in Australien mehr als 25% der Korallen; 93% der dortigen Korallenriffe waren betroffen.

Was sind die Konsequenzen des Korallensterbens?Hier wollen wir zwei Effekte kurz benennen. 

  1. Korallenriffe gehören zu den Arten-reichsten Ökosystemen dieser Welt. Mit dem Absterben der Korallenriffs verlieren hunderttausende Arten ihren Lebensraum. Das Korallensterben trägt also massiv zum Artenschwund bei. Die zunehmende Häufigkeit der Korallenbleiche zeigt, dass wir bereits jetzt in den Prozess des irreversiblen Verlustes der Korallen eingetreten sind.
  2. Darüber hinaus sind Steinkorallen an der Fixierung von CO2 beteiligt. Ein Absterben der Korallen führt also zum Ausfall einer Möglichkeit, CO2 aus der Atmosphäre (über die Zwischenstufe Meerwasser) zu binden. Tatsächlich ist die Situation sogar noch etwas schlechter. Der Anstieg der CO2 Konzentration in der Luft wird durch einen Anstieg der CO2 Konzentration im Meerwasser begleitet – insbesondere im Oberflächen-nahen Wasser. Dies führt zu einer Versauerung der Meere, was chemisch zu einem Mangel an Calciumcarbonat (Kalk) im Wasser und letztlich sogar zum Auflösen der Kalkstrukturen der Korallen führt… Jeder kennt diese chemische Reaktion. Wir machen sie uns beispielsweise beim Entkalken der Kaffemaschine mit Zitronensäuren zu nutze. Daher gehört das Absterben der Korallenriffs, was letztlich auch mit dem Freisetzen von CO2 verbunden ist, auch zu einem der Kipp-Punkte der Klimasystems. Dieser steht unmittelbar bevor.

Weitere Lektüre:

Anthony und andere, Ocean acidification causes bleaching and productivity loss in coral reef builders, PNAS 2008

Feely und andere, Impact of Anthropogenic CO2 on the CaCO3 System in the Oceans, Science 2004

Hughes und andere, Spatial and temporal patterns of mass bleaching of corals in the Anthropocene, Science 2018

Orr und andere, Anthropogenic ocean acidification over the twenty-first century and its impact on calcifying organisms, Nature 2005