Zur Kompensation von Flugreisen und anderer Klimasünden wird häufig das Pflanzen neuer Bäume diskutiert. Auch der Weltklimarat hat darauf hingewiesen, dass zum Erreichen der Ziele des Klimavertrags von Paris nicht nur die CO2 Emissionen sinken müssen, sondern dass bis 2100 auch erhebliche Mengen an CO2, nämlich 730 Milliarden Tonnen, aus der Atmosphäre entnommen werden müssen. Eine Reihe verschiedener Staaten haben sich im Rahmen der Bonn Challenge zur Aufforstung von Flächen verpflichtet. Was aber ist dabei alles zu beachten?
Allseits bekannt ist die Tatsache, dass Bäume eine sehr wichtige Rolle bei der Klimaregulation einnehmen. Für die eigene Photosynthese nehmen sie CO2 aus der Atmosphäre auf und nutzen den dabei gewonnenen Kohlenstoff für Ihr Wachstum und damit den Aufbau neuer Biomasse. Neben den Meeren stellen Wälder und ihre Bäume tatsächlich den wichtigsten CO2-Fänger dar, wodurch das Pflanzen neuer Bäume natürlich auch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel ist.
Eine aktuelle wissenschaftliche Studie bestätigt diese Aussage. In dieser wurden Zusammensetzung und Artenvielfalt der Wälder, das Alter der Bäume sowie die Bodenbedingungen untersucht. Schlussendlich wurde die CO2-Aufnahme der Wälder und insbesondere die Schwankungen der Aufnahmen über längere Zeiträume analysiert. Dabei zeigte sich, dass jene Wälder, die besonders alte Bäume und eine hohe Artenvielfalt aufweisen, besonders zuverlässig CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und lange speichern können. Die Schwankungen in der CO2-Aufnahme zwischen den Jahren sind unter diesen Voraussetzungen am geringsten. Aber warum ist das so?
Umso älter die Wälder, desto besser sind die Lebensbedingungen für die Bäume. Die dickere Humusschicht und die bessere Beschattung des Bodens ermöglicht eine bessere Aufnahme und Speicherung von Wasser, so dass auch Trockenperioden besser ausgehalten werden können. Im Boden finden sich zudem viele unterschiedliche Mikroorgansimen. Weiterhin weisen alte Wälder ein gutes Wurzelwerk auf, das für die optimale Aufnahmen von Nährstoffen und Wasser ideal ist. Junge Wälder haben schlechtere Lebensbedingungen und können unter Umständen gar absterben und dabei das gespeicherte CO2 wieder freisetzen. Die Artenvielfalt verleiht diesen Wäldern Stabilität gegenüber externen Schwankungen wie Temperatur oder Trockenheit. Auch hat sich gezeigt, dass schnell wachsende Bäume weniger CO2 speichern als langsam wachsende Bäume, da die Dichte des Holzes geringer ist. Damit zeigt sich auch das Problem, das durch die massive Abholzung der (Ur-) Regenwälder entsteht und dass der Erhalt der noch verbliebenen natürlichen Wälder von hoher Bedeutung ist.
Kommen wir auf die bereits erwähnte Bonn Challenge zurück, die Selbstverpflichtung verschiedener Staaten, freie Flächen wieder aufzuforsten. Insgesamt haben sich dabei 43 Staaten verpflichtet, bis 2030 insgesamt 350 Mha Wald aufzuforsten. Doch was sind das für Wälder, die entstehen sollen? Hier setzt eine Untersuchung an, die im April 2019 veröffentlicht wurde. Die Analyse zeigt, dass lediglich 34% der bisher ausgewiesenen Flächen als Mischwälder bepflanzt werden sollen, so dass über lange Zeiträume (mindestens 70 Jahre) hoffentlich zumindest hier Wälder mit hoher Artenvielfalt entstehen. 45% der Fläche sollen allerdings mit schnell wachsenden Monokulturen bepflanzt werden, die nach einer gewissen Zeit „abgeerntet“ und dann erneut bepflanzt werden. Diesen Kulturen fehlt aufgrund der geringen Artenvielfalt wie oben besprochen die Resistenz gegen äußere Belastungen. Als längerfristigen CO2-Fänger dienen ebenfalls nicht, da bei der Ernte das eingefangene CO2 immer wieder freigesetzt wird. Der Rest der Fläche (ca. 20%) wird ebenfalls in landwirtschaftlich genutzter Form aufgeforstet, z.B. mit Schatten-spendenden Pflanzen in Kaffeeplantagen.
Daraus ergeben sich einige Schlussfolgerungen. Der Schutz bestehender, natürlich gewachsener Wälder sollte mit hoher Priorität verfolgt werden, um einerseits das dort gespeicherte CO2 nicht in die Atmosphäre zu entlassen und andererseits deren Fähigkeit, CO2 aus der Atmosphäre zu entziehen, nicht zu gefährden. Was die tropischen Urwälder mit unserem Lebenswandel zu tun haben, werden wir uns bei Gelegenheit in einem Folgebeitrag anschauen.
Fazit für uns: Bei der Beteiligung an Baumpflanzprojekten – für z.B. die Kompensation der nicht vermeidbaren CO2-Emissionen – achten wir darauf, dass es sich bei den Neuanpflanzungen um Mischwälder handelt, die auf lange Zeit angelegt sind.