Warum wir zu wenig für den Klimaschutz tun…..

Das Neue Jahr steht vor der Tür, für viele von uns mit guten Vorsätzen. Und vielleicht hat sich die eine oder der andere vorgenommen, sich umweltbewusster zu verhalten? Hoffentlich klappt es! Heute wollen wir allerdings zurückblicken und uns mit der Frage beschäftigen, warum wir eigentlich nicht schon viel früher begonnen haben, uns aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. Vieles von den Fakten ist ja eigentlich schon lange bekannt, vielleicht finden wir Antworten in der Umwelt- oder Klimapsychologie……?

Auch das Umweltbundesamt beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit dieser Frage und hat in 2018 die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage in Deutschland veröffentlicht. Hier wurden u.a. Fragen zu Umweltkognition, Umweltaffekt und Umwelthandeln gestellt. Was aber versteht man genau darunter? Unter dem Begriff Umweltkognition wurden Einstellungen erfragt, in denen Umweltthemen mit sachlichen Aussagen erfasst werden. Umweltaffekt hingegen beinhaltet die emotionale Einstellung zu Umweltthemen. Umwelthandeln definiert das eigene Handeln in umweltrelevanten Lebensbereichen wie z.B. Ernährung, Mobilität oder auch ehrenamtliches Engagement. In der genannten Studie des Umweltbundesamtes zeigt sich nun folgendes Ergebnis auf einer Skala von 0 (keine Zustimmung) bis 10 (hohe Zustimmung). Im Bereich Umweltkognition gab es eine hohe Zustimmung von 7,9, für Fragen zum Umweltaffekt eine 7,2. Lediglich im Umwelthandeln war die Zustimmungsrate eine 4,6. Zusammenfassend bedeutet dies also, dass sich viele Menschen dem Umweltproblem sowohl vom Verstand (Umweltkognition) als auch vom Herzen (Umweltaffekt) her bewusst sind, beim eigenen Handeln sich dann aber doch noch eine Lücke auftut… 

Woran liegt es nun, dass zwischen Wissen und Handeln so eine Diskrepanz besteht? Aus der Psychologie ist bekannt, dass wir eine Gefahr nur dann als solche wahrnehmen, wenn sie unmittelbar und ganz konkret besteht und auch unstrittig ist. Die Folgen des Klimawandels stellen allerdings eine schleichende Bedrohung dar, die für uns wirklich spürbaren Auswirkungen werden „vielleicht irgendwann“ in der Zukunft eintreten. Der Klimawandel ist darüber hinaus in unseren Breitengraden zumindest im Moment noch kaum oder nur zeitbegrenzt fass- oder greifbar (wie während des Hitze- und Dürresommers 2018). Unmittelbar damit verbunden ist die Tatsache, dass der Mensch die Routine liebt. Sie gibt Sicherheit in einer unsicheren Welt. Wir sprechen dann von Gewohnheiten und die sind eben entsprechend schwer zu ändern – oder warum sonst ist es so schwer, die guten Vorsätze für das neue Jahr in die Tat umzusetzen? 

Fakten zum Klimawandelt stehen dabei möglicherweise im Widerspruch zu unseren Gewohnheiten, Werten oder Erfahrungen. Es kommt zu sogenannten kognitiven Dissonanzen (kognitiven Verzerrungen), mit denen wir die offensichtlichen Widersprüche für uns selbst aufzulösen versuchen. Eine Auswahl dieser Verhaltensmuster wollen wir hier kurz vorstellen. 

An erster Stelle sei der sogenannte konfirmatorische Bias genannt. Menschen, die dieser Neigung unterliegen, nehmen nur jene Informationen wahr, welche die eigene Haltung oder Meinung bestärken. Andere Fakten hingegen werden ausgeblendet. Wir betreiben also eine Art von „Rosinen picken“ und suchen uns von den bekannten Argumenten nur jene aus, die uns gefallen. Übrigens: viele von Klimawandel-Leugnern vorgebrachte Argumente beruhen auf dem gleichen Prinzip („Rosinen picken“) und versuchen damit, den beim Gesprächspartner vorhandenen Bias noch zu verstärken, indem unvollständige Fakten verbreitet werden. Beispiel: Das Argument „In der Vergangenheit gab es doch schon immer Zeiten, in denen es wärmer und kälter war…“ ist an sich gesehen zunächst einmal korrekt. Dass dafür aber andere Ursachen beschrieben sind, wie z.B. Variationen in der Erdumlaufbahn, wird unterschlagen. Dass der derzeitige Anstieg der CO2-Menge in der Atmosphäre hingegen auf dem Verbrennen von fossilen Brennträgern durch uns Menschen beruht, kann mit chemischen Messmethoden nachgewiesen werden. Und dass dies zum Treibhauseffekt mit den beschrieben Folgen beiträgt, ist schon seit mehr als 100 Jahren bekannt. Wir nehmen also nur einen Teil der Information wahr (oder ernst) und kommen damit zu einem falschen Schluss und in der Folge zu einem nicht adäquaten Handeln.

Menschen mit einem Single-action-Bias, unterliegen der Wahrnehmung, dass sie bereits durch eine einzelne Maßnahme (single action) ein hohes Maß an Aktivität entfalten oder entfaltet haben. So haben wir selbst lange gedacht, es würde ausreichen, wenn wir ab und zu auf das eine oder andere verzichten. In Diskussionen am Rande unserer Vorträge haben wir ähnliche Denkweisen festgestellt. Beispiel: Das alltägliche Nutzen des Fahrrads, die vegane Ernährung oder der Kauf von Bio-Produkten wird als positiv verbucht. Im Gegenzug dazu sei dann aber die Reise mit dem Flugzeug oder die Fahrten mit dem SUV erlaubt. Man mache ja eh schon viel mehr als der Nachbar. Für uns hat ein Blick auf den persönlichen CO2-Fussabdruck schnell gezeigt, dass eine einzige Maßnahme nicht ausreicht, um halbwegs klimafreundlich zu leben und verschiedene Bereiche nicht gegeneinander aufgerechnet werden können. 

Menschen mit einem sogenannten Optimism-Bias unterliegen der persönlichen Einschätzung, dass sie weniger häufig von negativen Ereignissen betroffen wären als andere Personen. Beispiel: Tatsächlich ist es ja so, dass wir in Deutschland trotz der vergangenen zwei Dürre-Sommer noch keine Knappheit an Trinkwasser oder Lebensmittel verspürt oder Waldbrände uns noch nicht aus unseren Häusern vertrieben haben. Zustände, wie sie in anderen Teilen der Erde leider schon der Realität entsprechen. Daher schätzen wir die Folgen des Klimawandels als nicht so gravierend ein – und warten lieber erstmal ab.

Beim Verfügbarkeits-Bias wird die Wahrscheinlichkeit von spezifischen Ereignissen aufgrund (fehlender) persönlicher Erfahrungen anders oder falsch eingeschätzt. Beispiel: „So oft stürmt es hier doch gar nicht!“ oder „Ach, es schneit doch immer noch, warum denn dann die Aufregung?“ Oder viele wissen, dass die Abschaltung der Kohlekraftwerke zum Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland führen wird oder dass die Einführung der Elektromobilität mit der Problematik verbunden ist, unter welchen Bedingungen die benötigten Batterien produziert werden. Dass aber im Bereich der Photovoltaik in den vergangenen Jahren in Deutschland weit mehr Arbeitsplätz verloren gingen oder die Gewinnung von Kohle und Öl auch viele Probleme für Mensch und Umwelt mit sich bringt, ist vielen Menschen nicht bekannt. Da diese Informationen fehlen, und nur die verfügbaren Informationen verarbeitet werden, kommt es dazu, dass nicht gehandelt wird.

Menschen mit einem Self-serving-Bias tendieren dazu, dass sie eigene Erfolge im Zweifelsfall sich selbst zuschreiben und Schwierigkeiten eher auf äußere Ursachen zurückführen, so ganz nach dem Motto: „Die anderen sind Schuld….“. Beispiel: So könnten uns die vorhandenen Erfolge in der Energiewende in Deutschland dazu verleiten zu argumentieren, dass am Klima-Desaster jetzt natürlich die anderen Schuld sind und daher gelte: „Jetzt sollen erstmal die anderen machen“. Und natürlich gibt es viele Gründe, nicht aktiv zu werden, für die wir nichts können. Bio-Fleisch sei zu teuer, der ÖPNV nicht gut genug, die Bahn immer zu spät etc……

Darüber hinaus tragen verschiedene andere Gefühle dazu bei, dass wir in Klimafragen nicht handeln. Das Gefühl der Schuld oder Scham, an den Problemen mitverantwortlich zu sein. Oder der Neid auf andere: wir verzichten, aber andere konsumieren einfach weiter und leben in Saus und Braus. Oder auch die Ohnmacht vor den Problemen, die der Klimawandel mit sich bringt; als einzelne Person kann man hier (vermeintlich) eh nichts bewirken… 

Nachdem wir uns nun mit ein paar Hinderungsgründen aus der Umweltpsychologie beschäftigt haben, die uns dazu verleiten, im Klimaschutz nicht oder wenig aktiv zu werden, wollen wir uns im kommenden Blogbeitrag der Frage zuwenden, wie wir diesen Problemen begegnen und wie wir andere motivieren können, im Klimaschutz aktiv zu werden… 

Weitere Literatur:

Clayton S, Devine-Wright P, Stern PC, Whitmarsh L, Carrico A, Steg L, Swim J, Bonnes M (2015) Psychological research and global climate change. Nature Climate Change 5:640–646

Marshall G (2015) Don’t even think about it. Why our brains are wired to ignore climate change. Blomsbury, London