E-Auto oder Verbrenner – wer ist besser für das Klima?

In den letzten Jahren haben wir immer wieder in der Presse lesen können, dass E-Autos angeblich doch nicht klimaverträglicher seien als der von uns Deutschen so geliebte Verbrenner – insbesondere im Vergleich zu den modernsten Dieselantrieben. Zeitgleich haben wir aber auch Berichte gelesen, dass das E-Auto angeblich jetzt schon umweltfreundlicher sei als der Diesel. Aber warum gibt es so unterschiedliche Berichte? Und was ist denn nun wahr? Und: Gibt es überhaupt die eine Wahrheit? Grund genug, uns mit diesem Thema auseinander zu setzen……

Wenn wir manche Medien in Deutschland verfolgen, dann werden immer wiederkehrende Argumente gegen das E-Auto vorgebracht: Das E-Auto sei umweltschädlich, weil der deutsche Strommix zu viel Kohlestrom enthalte und damit das E-Auto eigentlich mit Kohle fahre. Das E-Auto sei klimaschädlich, weil bei der Herstellung im Vergleich mit dem Verbrenner mehr Energie benötigt werde. Das E-Auto sei umweltschädlich, weil für die Herstellung der Batterien Rohstoffe benötigt werden, die teilweise unter fragwürdigen Bedingungen gewonnen würden. Und wenn das noch nicht reicht, kommt als letztes Argument: Die Brennstoffzelle sei eh viel besser, so dass wir auf die Wasserstofftechnologie warten sollten. Aus Gründen des Umfangs unseres Beitrags konzentrieren wir uns heute nur auf die Klimabilanz von Verbrennern im Vergleich zu E-Autos. Auf den Vergleich zwischen E-Auto und Brennstoffzelle verweisen wir auf einen der kommenden Beiträge. Gleiches gilt für das Thema Rohstoffe und Batterien. Auch wenn das Thema Klimabilanz von E-Autos sehr komplex ist, wollen wir trotzdem versuchen, dies hier in der Kürze verständlich aufzuarbeiten. 

Warum wird von so unterschiedlichen Ergebnissen in der Presse berichtet, wenn die Treibhausgasbilanz zwischen E-Auto und Verbrenner verglichen wird? Dazu lohnt es sich, in die Details zu schauen. In den verschiedenen Studien wird meist eine Bilanz über den gesamten Lebenszyklus des Autos (ein sogenanntes life cycle assessment, LCA) erstellt. Das bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen für verschiedene Bereiche berücksichtigt werden müssen. Bei den im Folgenden genannten Zahlen beziehen wir uns exemplarisch auf Werte, die das Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) im Rahmen einer sogenannten Metaanalyse bestimmt hat. Dabei wurden insgesamt 23 verschiedene Studien zur Klimabilanz von E-Autos zusammenfassend und vergleichend betrachtet und daraus eine einheitliche Betrachtung abgeleitet. Meist sind solche vergleichenden Untersuchungen robuster und genauer als Einzeluntersuchungen.

Herstellung des Autos: Die Emissionen bei der Autoproduktion hängen von der Fahrzeuggröße ab. Bei ihrem Vergleich bezieht sich die Ifeu-Studie auf die Kompaktklasse, in die beispielsweise auch der VW-Golf gehört. Für die Herstellung des Fahrzeugrumpfes fallen laut Ifeu sowohl beim Verbrenner als auch beim E-Auto ca. 5,4 Tonnen Treibhausgase an. Hinzu kommt der Antrieb, der beim E-Auto mit 1,9 Tonnen, beim Diesel mit 1,5 Tonnen und beim Benziner mit 1,3 Tonnen zu Buche schlägt.

Batterie: Für das E-Auto kommen zusätzlich Treibhausgasemissionen bei der Batterieherstellung hinzu. Hierzu gibt es tatsächlich relativ wenige Studien, so dass die Spannbreite der Daten noch relativ hoch ist. Durchschnittlich ergeben sich nach den vom Ifeu zugrunde gelegten Daten 145 kg Treibhausgase pro kWh Batteriekapazität. Für einen Kompaktklassewagen wird eine Batterie mit 35kWh angenommen. Es kommen also nochmal 5,1 Tonnen Treibhausgase hinzu. 

Fahrzeugproduktion gesamt: Fasst man diese Werte zusammen, geht ein E-Auto der Kompaktklasse mit 12,4 Tonnen Treibhausgasemmissionen an den Start, der Verbrenner zwischen 6,7 t (Benziner) und 6,9 t (Diesel). Nehmen wir an dieser Stelle auch noch die Emissionen hinzu, die für die Entsorgung bzw. das Recycling am Ende des Lebenszyklus anfallen, sieht die Situation wie folgt aus: E-Auto: 13,2 Tonnen, Diesel: 7,6 Tonnen und Benziner 7,4 Tonnen. Zusammenfassend startet das E-Auto demnach mit einem größeren CO2-Rucksack als der Verbrenner (Abbildung 1).

Betrieb des Autos: Hier sind die Treibhausgase zu erfassen, die bei der Verbrennung des Treibstoffs im Falle des Verbrenners freigesetzt werden bzw. die bei der Herstellung des Stroms anfallen, mit dem das E-Auto betrieben wird. Bei Letzterem hat die Zusammensetzung des Strommixes Einfluss darauf, wieviel Treibhausgase beim Fahren frei werden. Regenerativer Strom ist da natürlich vielfach besser als solcher, der überwiegend aus Kohlestrom hergestellt wird. Berücksichtigt werden sollten hier auch Ladeverluste (E-Autos) und die Treibhausgasemissionen bei der Herstellung fossiler Brennstoffe (sogenannte Vorketteneffekte; Verbrenner). Gerade letzteres wird meist nicht berücksichtigt und verschlechtert die Bilanz für den Verbrenner.

Aus dem Gesagten kann dann berechnet werden, ob und ab wann ein E-Auto günstiger für das Klima ist als ein Verbrenner. Die Zusammenhänge ergeben sich aus folgender Darstellung:

Abbildung 1: Die Abbildung zeigt die kumulierten Treibhausgasemissionen für ein E-Auto (grüne Gerade) und ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor (blaue Gerade). Für beide, Verbrenner wie E-Auto, fallen bei der Produktion des Fahrzeugs Treibhausgase an (grau). Zusätzlich entstehen beim E-Auto Treibhausgase bei der Herstellung der Batterie (braun). Bei Laufleistungen in km oberhalb des Schnittpunkts der grünen und der blauen Gerade ist das E-Auto im Vorteil. 

Relevant für die Aussage, ob ein E-Auto klimafreundlicher als ein Verbrenner ist, ist der Schnittpunkt der grünen und blauen Geraden in der Abbildung. Und damit kann ich letztlich im Rahmen einer vergleichenden Studie der beiden Antriebsarten sehr unterschiedliche Ergebnisse erhalten. Hier spielen folgende Faktoren eine Rolle: Mit welchem Strommix wird argumentiert? Wie groß ist die zugrunde gelegte Batterie und welche Treibhausgasemissionen wurden für deren Herstellung veranschlagt? Wie hoch wurde der Verbrauch des Verbrenners angesetzt? Wurden hier reale Werte angenommen? Oder wurden Werte von Prüfzyklen auf einem Versuchsstand zugrunde gelegt? Und bei welcher Laufleistung der Wagen wird ein Vergleich gezogen? 

Wenn man gehässig wäre, könnte man daraus auch schließen, dass man bei einer Studie jedes Ergebnis erzielen kann, wenn man die Details entsprechend günstig nach seinem eigenen Ziel festlegt. Damit kann man natürlich auch entsprechend seiner Präferenz jede Schlagzeile produzieren. Eine sehr viel wissenschaftlichere Herangehensweise legt folgende Parameter fest: 

Ein E-Auto mit einer Batterie von X kWh hat bei Verwendung des Strommixes Y nach einer Laufleistung von Z Kilometern im Stadtbetrieb / Autobahnbetrieb eine bessere Klimabilanz als ein Verbrenner vergleichbarer Größe. Dabei wären X: Größe der Batterie in kWh, Y: Strommix mit z.B. 0%, 50% oder 100% Anteil regenerativen Stromes. 

Relevant für die öffentliche Diskussion ist nun die Frage, ob das E-Auto unter den jetzigen Bedingungen hinsichtlich der Klimawirkung besser ist. Für diese Frage ist – wie wir gerade gelernt haben – die richtige Antwort, dass ab einer bestimmten Laufleistung in Kilometern die Bilanz zugunsten des E-Autos umschlägt. Wenn man eine normale Lebenslaufleistung von 150.000 bis 200.000 km für ein Auto annimmt, dann sind E-Autos laut Ifeu heute schon besser als ein vergleichbarer Verbrenner. Wie hoch dieser Vorteil konkret ausfällt und ab wann das E-Auto im Vorteil ist, hängt von der genauen Nutzung ab. Und übrigens: Auch wenn man eine größere Batterie mit 60kWh annimmt, was heute eher dem Standard entspricht, kommt das Ifeu zu einem Vorteil für das E-Auto bei einer Laufleistung von 150.000 km oder mehr. Ähnlich sieht es das Frauenhofer Institut in einer aktuellen Vergleichsstudie und auch das International Council of Clean Transportation (ICCT).

Generell wird die Klimabilanz eines E-Autos zukünftig mit einem steigenden Anteil an regenerativem Strom im Strommix kontinuierlich besser. Auch die Produktion von Batterien in großer Stückzahl, die Verwendung regenerativen Stroms für die Herstellung (z.B. in USA oder Europa) und die schnelle Weiterentwicklung der zugrunde liegenden Batterietechnologie senkt die Treibhausgasemissionen. Tatsächlich hat eine schwedische Studie gerade gezeigt, dass der Ausstoß bereits aktuell mit 61-106 kg Treibhausgase pro kWh Batteriekapazität deutlich niedriger ist, als von der gleichen Einrichtung noch in 2017 berechnet (150-200 kg/kWh). Dies zeigt die Dynamik der Entwicklung auf diesem Gebiet. Die Klimabilanz aufgrund der obigen Überlegungen sind damit schon jetzt deutlich besser und auch größere Batterien mit bis 100 kWh Kapazität – wie in manchen Oberklassewagen eingesetzt – verlieren damit ihren Klimaschrecken. 

Tatsächlich ist die Frage, ob ein E-Auto klimafreundlicher als ein Verbrenner ist, nicht pauschal zu beantworten, sondern muss individuell geklärt werden. Wer sich ein großes E-Auto mit entsprechend großer Batterie kauft und mit dem Wagen dann nur sehr wenig fährt, wird wohl kaum besser fahren als mit einem Verbrenner. Auch, wenn die Wagen auf maximale Reichweite ausgelegt sind und damit entsprechend großen Batterien haben, kann der Verbrenner beim aktuellen Strommix besser liegen. Aber mal Hand aufs Herz: Wer von uns legt eigentlich tagtäglich Strecken über 100 km zurück, so dass ein kleiner „E-Flitzer“ nicht ausreichen würde? Zumindest Studien zeigen, dass unsere täglichen Strecken selten weiter als 40-50 km sind (Studie Mobilität in Deutschland). Und für die meisten Strecken brauchen wir, wenn wir ehrlich sind, eh gar kein Auto, da sie unter 5 km sind (siehe dazu hier).