In der aktuellen Diskussion um das Aufhalten des Klimawandels wird immer wieder gerne das Pflanzen von Bäumen aufgeführt. Auch wir haben schon darüber berichtet. Dieses Thema ist auch mit dem Begriff des Kompensierens verknüpft, der von manchen auch als Ablasshandel, Freikauf oder Green Washing bezeichnet wird. Während manche also beim Thema Klimawandel auf das Pflanzen von Bäumen schwören, scheint dies bei anderen eher verpönt zu sein. Grund genug für uns, einmal genauer hinzusehen…..
Das massive Freisetzen von CO2 in die Atmosphäre ist die Hauptursache für den Menschen-gemachten Treibhauseffekt. Aktuell liegen die weltweiten Emissionen bei etwa 40 Gigatonnen pro Jahr. Darüber hinaus belasten andere Treibhausgase die Atmosphäre. So verbleibt uns nur noch ein geringes Restbudget an CO2, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Daraus ergibt sich die globale und ambitionierte Aufgabe, innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums erhebliche Mengen an Emissionen einzusparen. Tatsächlich gehen die meisten Klimamodelle sogar davon aus, dass wir nach 2050 wieder CO2 aus der Atmosphäre entfernen, also sogenannte Negativemissionen haben müssen.
Einen wichtigen Beitrag im Ökosystem spielen die Wälder der Erde. Einerseits sind sie wichtige CO2-Senken, sie nehmen also CO2 aus der Atmosphäre auf. Andererseits sind sie auch besonders artenreiche Gebiete dieser Erde, sodass der Erhalt der Wälder sowohl für das Klima, als auch für den Artenreichtum essenziell ist. In einem gesonderten Beitrag hatten wir bereits besprochen, wie wichtig die Zusammensetzung des Waldes für die effektive Bindung von CO2 ist , und dass dies bei Pflanzaktionen zu beachten ist. Das Pflanzen von Bäumen kann also einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, es können Negativemmissionen erreicht werden.
Doch wieviel CO2 kann durch das Pflanzen von Bäumen eigentlich aus der Atmosphäre entnommen werden? Mit anderen Worten: Wieviel CO2 kann in einem Baum gespeichert werden? Wie viel CO2 speichert ein ganzer Wald? Dazu haben wir folgende Zahlen gefunden: Eine ausgewachsene Fichte im Alter von 100 Jahren mit einer Höhe von 35 m hat in ihrem Leben ca. 2,6 t CO2 gespeichert; eine gleich hohe Buche nach 120 Jahren ca. 3,5 t CO2. Genau genommen kommt es auch noch auf den Baumumfang an. Weitere Details dazu finden sich hier. Die Unterschiede ergeben sich aus der unterschiedlichen Qualität des Holzes und der damit verbundenen Fähigkeit der Bäume, Trockenmasse zu generieren. Betrachtet man einen ganzen Wald, so findet man eine Speicherkapazität für einen Hektar Wald (100m mal 100m = 10.000 m2) von 13 t CO2 pro Jahr. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass in diesem Wald Bäume unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Art stehen.
Daraus lässt sich nun abschätzen, wieviel CO2 aus der Atmosphäre pro Jahr entnommen werden könnte, wenn wir auf der Erde massiv Bäume pflanzen würden. Eine wissenschaftliche Studie aus diesem Jahr hat geschätzt, dass wir auf der Erde etwa 900 Millionen ha Land zur Verfügung haben, welches im Prinzip für die Baumbepflanzung geeignet ist, also nicht bereits für Landwirtschaft genutzt wird, besiedelt ist oder aufgrund von Fels, Eis oder Schnee ungeeignet ist. Daraus errechnet sich dann mit den obigen Zahlen eine maximale Aufnahmekapazität von ca. 11 Milliarden t CO2 pro Jahr. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dieser Effekt natürlich nicht sofort eintritt, sondern nur einem ausgewachsenen Wald zuzuschreiben und daher erst in mehreren Jahrzehnten zu erzielen wäre. Verbunden mit dieser Studie war die Aussage, dass das Pflanzen von Bäumen alleine zur Aufnahme von 25% des atmosphärischen Kohlenstoffs führen kann. Andere wissenschaftliche Publikationen (z.B. diese , oder diese oder diese) aus diesem Jahr haben die Zahl von 900 Millionen ha verfügbaren Landes oder den beschriebenen Einfluss auf das Klima allerdings bezweifelt. So seien in dieser Zahl Flächen einbezogen, die zur Bewaldung ungeeignet seien, so zum Beispiel Steppen und Grasland, die aufgrund ausgeprägter Trockenphasen für das nachhaltige Pflanzen von Bäumen eher ungeeignet sind. Eine weitere Studie verschiedener nationaler Wissenschaftsakademien kommt zu dem Ergebnis, dass der tatsächliche Effekt einer zusätzlichen massiver Bewaldung zwischen 3 und 11 Milliarden t CO2 pro Jahr liegen dürfte.
Ergo: Selbst bei einer massiven Bepflanzung ist die zu erreichende negative Emission – ob nun 3 Milliarden t CO2 oder 11 Milliarden t CO2 – deutlich niedriger als die aktuelle, weltweite Emission von 40 Milliarden t CO2 pro Jahr. Die volle Wirkung wird erst in vielen Jahren erreicht. Und zwischenzeitig darf der Wald auch nicht wieder durch Feuer oder Rodung zerstört werden. Dies zeigt, dass alleine das Pflanzen von Bäumen den Klimawandel nicht aufhalten wird.
Aber sollten wir deswegen auf diese Möglichkeit der CO2-Senkung verzichten? Dieser Frage ist unserer Meinung nach eindeutig mit Nein zu beantworten. Zuallererst ist es sicher vermessen zu glauben, eine einzelne Maßnahme könnte das gigantische Problem um den Klimawandel lösen. Die massive Reduktion der CO2-Emission in den westlichen Industriestaaten wird von herausragender Bedeutung bleiben. Das Pflanzen von Bäumen kann allerdings einen wichtigen Beitrag leisten, die verbleibende Zeit zu strecken oder Emissionen auszugleichen, auf die wir am Ende doch nicht verzichten werden können. Diese Zahlen veranschaulichen auch, dass zusätzliche Maßnahmen zur Erreichung von Negativemissionen ergriffen werden müssen. Die Humusbildung, also das Speichern von CO2 im Boden, wird hierzu einen weiteren wichtigen Beitrag leisten, wie wir in einem extra Blogbeitrag beleuchten werden.
Und es gibt ein weiteres wichtiges Argument, warum wir diese Art des Klimaschutzes vorantreiben sollten: Eingebettet in eine sinnvolle Entwicklungspolitik wird das Pflanzen von Bäumen auch zur sinnvollen Wohlstandsentwicklung in ärmeren Ländern beitragen.
Unser persönliches Fazit: Das Kompensieren der eigenen CO2-Emissionen kann und wird einen wichtigen Beitrag zum Einhalten der Pariser Klimaschutzziele darstellen – solange wir dadurch das gleichsam wichtigere Ziel nicht aus den Augen verlieren: Nämlich die persönliche CO2-Emissionen unter größter Anstrengung massiv zu reduzieren. Wir müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, dass wir nicht so weitermachen können wie bisher.
Anmerkung: Text wurde am 11.1.2020 aktualisiert.