Kann die Fähre das Flugzeug ersetzen? Ein Selbstversuch

Wir hatten schon in verschiedenen Beiträgen diskutiert, welchen Einfluss das Transportmittel auf den persönlichen CO2-Fußabdruck hat. Im Zentrum stand dabei immer die Frage, was es bringt, für eine innerdeutsche Reise den Zug anstatt das Flugzeug zu nutzen – ob für eine dienstliche oder auch private Reise. Aber wie sieht es aus, wenn wir ins Ausland reisen (müssen)? Für eine Dienstreise nach Finnland wurde diese Frage für einen von uns aktuell …

Dieser Tage musste ich, Michael, dienstlich nach Helsinki in Finnland reisen. Von Blaustein in der Nähe von Ulm bis nach Helsinki sind es gute 1.623 Kilometer Luftlinie. Auf den ersten Blick also eine Distanz, die man nur mit dem Flugzeug (in meinem Fall von Frankfurt aus) zurücklegen kann. Wir haben uns bereits der Initiative „unter 1000 mach ich’s nicht!“ für WissenschaftlerInnen angeschlossen – übrigens auch für Privatpersonen und Unternehmen hier möglich -, nun wollte ich wissen, ob da „noch mehr geht“. Auf der Suche nach alternativen, aber zugleich sinnvollen Transportmöglichkeiten bin ich neben der Bahn auf die Fähre gestoßen. Von Travemünde aus gibt es eine direkte Fährverbindung nach Helsinki. Von Blaustein nach Travemünde kommt man ohne Probleme mit Bus und Zug.

Um nun die verschiedenen Reisemöglichkeit genauer zu beleuchten, lohnt es sich, den zugehörigen CO2-Fußabdruck zu berechnen. Dabei helfen die Internetseiten von Atmosfair, die Seite der Deutschen Bahn und die Informationen der Fährgesellschaft, in diesem Fall Finnline. Hier das Ergebnis: Der Flug von Frankfurt nach Helsinki und zurück schlägt mit 617 bis 823 kg zu Buche, je nach Fluglinie und benutztem Flugzeugtyp. Dazu kommt noch die Fahrt mit der Bahn zum Flughafen Frankfurt mit 0,1 kg (unter der Annahme von Ökostrom), die eine Busfahrt fällt noch weniger ins Gewicht. Macht insgesamt – nach oben gerundet – zwischen 618 und 824 kg. Wie sieht die Alternative mit dem Schiff aus? Für die Fähre von Travemünde nach Helsinki und zurück fallen ca. 150 kg an. Für die Bahn kommen in meinem Fall noch 6 kg oben drauf. Insgesamt also 156 kg. Die Ersparnis im Vergleich: 75 – 82% weniger Treibhausgase!

Preislich haben sich die beiden Alternativen übrigens nicht sehr unterschieden. Einziger Nachteil im ersten Moment: Die Reise dauert deutlich länger.

Oben: CO2-Ausstoß und benötigte Zeit für die Reise mit Bahn und Flugzeug. Unten: CO2-Ausstoß und Zeit für die Reise mit Bahn und Fähre. Entscheidet man sich für die Fähre, macht dies eine Ersparnis von 75-82% der Treibhausgasemission.

Wie sieht es mit anderen Umweltbelastungen die Fähre betreffend aus? Auch die Schifffahrt ist ja immer wieder in der Diskussion, insbesondere die Kreuzfahrten. Eine Internetrecherche ergibt: Auf der Ostsee gelten schon jetzt viel schärfere Umweltauflagen als auf globaler Ebene, zumindest ein beruhigendes Gefühl. Und mit einem Kreuzfahrschiff ist eine Fähre definitiv nicht zu vergleichen, da man mit der Fähre sehr bescheiden unterwegs ist – ohne den ganzen Luxus, der auf einem Kreuzfahrtschiff zu finden ist.

Am Ende siegte bei meinen Überlegungen in der Summe der Umweltaspekt über dem Zeitaspekt: ich entschied mich für die Fähre. Doch was waren die Erfahrungen auf dieser Reise? Der erste Reisetag begann gegen 9 Uhr morgens mit einem 5-minütigen Fußmarsch zur Bushaltestelle zum Bus nach Ulm und von dort weiter mit der Deutschen Bahn. Der Zug war super pünktlich und bis Lübeck verlief alles problemlos. Dort habe ich ganz in Ruhe zu Abend gegessen. Später ging es weiter mit dem Bus zum Fährterminal in Travemünde. Einchecken und abends gegen 23 Uhr ging es an Bord, direkt in die eigene Kabine und ins eigene Bett – mit Blick durch das Bullauge aufs Meer. Die Fähre legte mitten in der Nacht ab, ohne dass ich viel davon mitbekommen habe. Den zweiten Reisetag verbrachte ich komplett auf See. Ein sehr entspannter Tag mit jeder Menge Zeit und Ruhe (!) zum Lesen und Arbeiten, lediglich unterbrochen von den Mahlzeiten zu festgelegten Uhrzeiten. 

Links: Der nächtliche Ausblick durch das Bullauge. Mitte: „Gretus“ auf Reisen. Rechts: Seht Ihr mich?

Die Ankunft in Helsinki erfolgte nach insgesamt 48 Stunden in der Früh. Da mein erster Termin noch am gleichen Tag stattfand, war die Ankunftszeit optimal, so dass die Reisezeit insgesamt zwei Tage umfasste (Zug und Fähre mit Übernachtungen auf der Fähre). Mit dem Flieger hätte ich aufgrund des Termins einen Tag früher anreisen müssen, die Anreise bis zum Termin hätte also einen Tag gedauert (Zug und Flug plus notwendige Übernachtung in Helsinki).

Trotz der längeren Reisezeit kann ich diese Art der Fortbewegung wärmstens empfehlen. Die Reise ist viel entspannter, der Tag auf See hatte trotz der dort verrichteten Arbeit schon fast ein bisschen den Charakter eines Urlaubstages und am Ende habe ich jede Menge CO2 eingespart. Bisher hat es Spaß gemacht und ich hoffe, dass ich dies auch noch nach der Rückfahrt sagen kann. Aber davon mehr in einem Résumé in wenigen Tagen……

Teil 2 gibt es hier.