Das Anlegen von Blühstreifen ist in aller Munde. Gemeint sind damit einerseits Grünstreifen entlang und am Rande von landwirtschaftlich genutzten Flächen, andererseits aber auch blühende Flächen innerhalb städtischer Gebiete. Dies kann ein Straßenrand, die Innenfläche eines Kreisverkehrs oder aber auch eine kleinere Verkehrsinsel sein. Aber bringen solche innerstädtischen Blühstreifen überhaupt etwas für die Insektenwelt, oder sind sie nur schön anzusehen? Damit wollen wir uns heute beschäftigen…..
Wir haben auf diesem Blog schon über den Rückgang der Artenvielfalt berichtet, beispielsweise über den Rückgang der Insekten. Bekannt ist auch der Rückgang an Vögeln in unseren Regionen. Bei den Insekten ist dies auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Agrarflächen bilden oft immer größere Einheiten, die mit Monokulturen bepflanzt werden; Herbizide verhindern das Wachsen von „Unkräutern“; Insektizide wie Neonicotinoide greifen die Insekten direkt an. Artenreiche und blühende Wiesen zur Futtermittelproduktion werden immer weiter zurückgedrängt. Und auch innerstädtisch werden Flächen verbraucht. Neubaugebiete am Stadtrand breiten sich aus und verbrauchen Land; dort neu angelegte Gärten beherbergen häufig nur wenige Pflanzenarten. Der gepflegte und mit Mährobotern kurz gehaltene „englische“ Rasen ist letztlich für Bienen und Insekten wertlos und die von vielen gepflanzte Hecke aus Kirschlorbeer ist nur wenig attraktiver (wie einige Zeitungen bereits hier und hier berichteten). Schottergärten komplettieren dieses wenig erfreuliche Bild.
Viele Städte und Gemeinden legen daher Blühstreifen an, um Bienen und andere Insekten Nahrungsquellen anzubieten. Wie effektiv sind allerdings solche Streifen und lohnen sich Aufwand und Kosten? Dieser Frage ist einer Arbeitsgruppe der LMU München in einer Studie nachgegangen. Dazu haben die Forscherinnen in München mehrere (neun) etwa 1000 m² große Blühstreifen im Stadtgebiet von München angelegt und in der Folge die dort aufzufinden Bienen gezählt und bestimmt. Das Ergebnis haben sie mit Daten aus vergangenen Artenbestimmungen aus dem Zeitraum 1997-2017 in München verglichen, in welchem 232 Bienenarten dokumentiert wurden. Die neueste Studie ergab, dass bereits nach kurzer Zeit – das meint im ersten Jahr – auf den Flächen 68 verschiedene Bienenarten gefunden wurden, darunter auch einige wenige gefährdete Arten. Diese 68 verschiedenen Bienenarten sind knapp ein Drittel der oben genannten 232 Bienenarten. Dies bedeutet, dass sich bereits ein Drittel der Bienenarten auf den neuen Blühwiesen angesiedelt haben. Dies zeigt deutlich, dass neu angelegte Blühstreifen von Insekten schnell akzeptiert und besiedelt werden.
In einem übertragenen Sinne zeigt diese Studie auch, wie sinnvoll es ist, Gärten an Wohnhäusern möglichst naturnah und artenreich zu gestalten. Nun mag man argumentieren, dass 1000 m² große Grundstücke äußerst selten sind. Man kann dies aber auch anders sehen. Wenn in einem Neubaugebiet mit sagen wir mal 50 Grundstücken und neugebauten Häusern jedes dieser Grundstücke für 20 m² naturnahe Bepflanzung genutzt wird, kommt man auch auf 1000 m². Und dies lässt sich auch bei den heutzutage kleineren Grundstücksflächen von 300-500 m² ermöglichen, zumindest im Durchschnitt eines Neubaugebietes. Die Flächen, die dann über die Grundtücke verteilt sind, bilden förmlich ein Netzwerk von blühenden Inseln für Insekten. Dazu muss man nur auf Schottergärten verzichten, vom englischen Rasen den einen oder anderen Quadratmeter opfern und Hecken mit verschieden blühenden Sträuchern anstelle von ausschließlich Kirschlorbeer oder Thuja bepflanzen. Und nein, man muss nicht komplett auf seinen Rasen verzichten, Spiel und Spaß soll ja auch noch sein. Die Frage, wie Bebauungspläne gestaltet werden und wie die dort festgeschriebene Bepflanzung auch sichergestellt werden kann, ist daher von besonderer Bedeutung.
Und wenn man es noch auf einer anderen Ebene betrachten möchte: Jeder naturnah gestaltete Raum hilft an dieser Stelle, sei es der Balkon, die Terrasse oder einfach nur der Blumenkasten auf der Fensterbank. Nur sollte man grundsätzlich nicht solche Arten pflanzen, die zwar schön anzusehen sind, ökologisch aber wertlos. Da gehört auch die bei den Deutschen so beliebt Geranie dazu. Nicht nur im Blühstreifen, auch im Blumenkasten zählt: Vielfalt ist wichtig. Fast jede/r von uns kann einen Beitrag leisten. Wer Ideen teilen möchte, hier ein Hinweis auf unsere aktuelle „Mach mit!“ Aktion.
Und übrigens: Den Nutzen (eines Netzwerks) von Blühstreifen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen hat bereits eine weitere Arbeitsgruppe untersucht. In dieser Studie wurden einzelne Gebiete auf Feldern mit Blühstreifen „angereichert“, während dies bei nah gelegenen Kontrollflächen nicht gemacht wurde. Insekten wie Bienen und Schmetterlinge wurden in den Folgejahren gezählt und die Vielfalt dokumentiert. Und wenig überraschend: Bei den mit Blühstreifen angereicherten Arealen waren mehr und auch verschiedene Insekten zu finden. Das Ergebnis belegt die Wichtigkeit kleinteiliger bewirtschafteter Flächen mit einer höheren Pflanzenvielfalt für den Erhalt der heimischen Insektenwelt.