Schneller voran mit Tempolimit!

Schon in einem vorangegangenen Beitrag haben wir erläutert, dass der Verkehrssektor das „Sorgenkind“ Deutschlands darstellt, wenn es um die Erreichung der Klimaziele geht. In diesem Bereich ist seit Jahren keine Einsparung von Treibhausgasen gelungen. Einsparungen auf privater Ebene sind relativ leicht möglich, auch weil viele Fahrten kurz sind und in unserer Freizeit erfolgen. Ein Thema, welches in diesem Kontext immer wieder zur Sprache kommt und heiß diskutiert wird, ist die Einführung eines Tempolimits auf Bundesautobahnen. Um die Wirkung eines Tempolimits auf Klima- und Umweltschutz zu erfassen, haben wir im Folgenden tiefergehende Informationen zusammengefasst…

In vielen europäischen Ländern besteht bereits ein Tempolimit auf Autobahnen von 100 (z.B. in Norwegen), 120 (z.B. in der Schweiz) oder 130 km/h (z.B. in Österreich). Dem Gegenüber beträgt der Anteil deutscher Autobahnabschnitte OHNE Tempolimit um die 70 %.

Anfang diesen Jahres hat sich das Umweltbundesamt (UBA) erneut intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen ein Tempolimit auf Bundesautobahnen hinsichtlich der CO2-Emissionen hätte. Was ist in diese Studie eingegangen? Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen zu mittleren Geschwindigkeiten und Geschwindigkeitsverteilungen auf Autobahnen aus dem Jahr 2019 sowie detaillierte Verbrauchswerte und damit CO2-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in Abhängigkeit der gefahrenen Geschwindigkeit.

Im Jahr 2018 verursachten in Deutschland alleine Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf Autobahnen Treibhausgase von ca. 39,1 Millionen Tonnen. Als Berechnungsgrundlage wurden die getankten Kraftstoffmengen in Deutschland herangezogen. In Realität ist der Ausstoß an CO2 allerdings höher, da die Betankung im Ausland nicht berücksichtigt ist. 

Kommen wir nun zu den Hauptergebnissen der UBA Studie, die sich auf die Tempobegrenzungen von 130, 120 oder 100 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen bezog:

Ein generelles Tempolimits von 130 km/h würde eine Reduktion von jährlich 1,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ergeben, was 4,86 % von 39,1 Millionen Tonnen entspricht. Bei einem Tempolimit von 120 km/ zeigt sich eine Minderung von 2,6 Millionen Tonnen Treibhausgasen (entsprechend 6,65 %). Ein Tempolimit von 100 km/h würde sogar 5,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr einsparen (entsprechend 13,81 %). 

Nicht berücksichtig in der UBA Studie sind weitere sekundäre Effekte, die die CO2-Einsparung durch ein Tempolimit nochmals deutlich erhöhen würden. So gehen Experten von einer Änderung des Kaufverhaltens hin zu leichteren, weniger motorisierten und damit leistungsärmeren und sparsameren Pkws aus. Der vermehrte Kauf von kleineren Autos würde nachfolgend zu einer Produktionsumstellung zu mehr ressourcenärmeren Pkws führen. Schon früher haben wir das Auto und den Einfluss seiner Größe betrachtet. Weiterhin könnte durch ein Tempolimit die Bahn auf langen Strecken attraktiver werden. 

Zum Schluss möchten wir noch auf einen kleinen, aber eindrucksvollen Vergleich eingehen, den das UBA in seiner Studie zieht. Um eine Einsparung von 1 Millionen Tonnen Treibhausgase zu erreichen, müssten beispielsweise folgende Umsetzungen erfolgen:

  • Einführung einer halben Millionen zusätzlicher Elektro-Autos als Ersatz für bestehende Autos mit Verbrennungsmotor
  • Erhöhung der Steuer für Dieselkraftstoff um 5 Cent / Liter
  • Reduktion des Pkw-Verkehrs in Städten um 6% 
  • Erhöhung des Rad- und Fußverkehrs um 17% 

Wenn man sich diese Maßnahmen ansieht, wird schnell klar, dass diese in ihrer Umsetzung sehr kostspielig, zeitaufwendig oder wenig realistisch sind. 

Dem Gegenüber wäre die Einführung eines Tempolimits ohne viel Aufwand und zeitnah umzusetzen. Es würden kaum Kosten entstehen und neben der CO2-Minderung hätte man zusätzliche eine Reduktion der Lärm- und Schadstoffbelastung sowie eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. So hängt die Lärmbelastung nicht linear von der gefahrenen Geschwindigkeit ab, sondern nimmt mit der 3. Potenz zu, wenn wir das Rollgeräusch der Reifen betrachten und gar mit der 6. Potenz, wenn wir die aerodynamischen Geräusche durch Luftverwirbelung miteinbeziehen. Schon 1999 hat das UBA den positiven Einfluss eines Tempolimits auf den Flächenverbrauch diskutiert, da bei Planung und Bau von Straßen berücksichtigt werden muss, dass der Flächenbedarf für Straßen mit ansteigender Geschwindigkeit überproportional steigt.

All das gilt natürlich auch, wenn wir eine weitergehende Beschränkung der Geschwindigkeit auf Landstraßen oder innerorts in Betracht ziehen.

Unser persönliches Fazit: In Anbetracht des voranschreitenden Klimawandels und der Notwendigkeit einer raschen und starken Minderung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor fragen wir uns schon, warum wir nicht sofort und heute schon diesen Hebel umlegen….


Anmerkung: Der Begriff CO2-Äquivalente beschreibt neben CO2 auch andere mögliche Treibhausgase, die in den jeweiligen Sektoren entstehen können.

Weiterführende Literatur:

UBA Studie

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3136.pdf

https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/Klimaschutzszenarien/Agora_Verkehswende_Klimaschutz_im_Verkehr_Massnahmen_zur_Erreichung_des_Sektorziels_2030.pdf