Die Sache mit der Kernenergie: Die offenen Probleme der Kernkraft (Teil 5)

Im letzten Teil dieser kleinen Serie zum Thema Kernenergie wollen wir weitere offenen Probleme der Kernkraft zum Thema Verfügbarkeit und Sicherheit sowie die Fakten aus den vorherigen Beiträgen der Serie zusammenfassen. 

Verfügbarkeit des Urans: Die bekannten Uranvorkommen sind endlich und die Vorkommen mit hohen Urananteil im Erz sind bereits ausgenutzt. Dies bedeutet, dass in den geförderten Erzen der Urananteil stetig abnimmt. Da mit sinkendem Urananteil am Erz der Energieaufwand für die Erzförderung immer größer wird, lässt sich der sogenannte Grenzerzgehalt berechnen. Ab diesem wird die Kernenergie unwirtschaftlich, da der Energieaufwand zur Förderung den späteren Energieertrag bei Betrieb des Kraftwerks übersteigt. Es lässt sich daher auch vorhersagen, wann die bekannten Uranvorkommen aufgebraucht sind. Die aktuellen Zahlen der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEA) zeigen, dass dies zwischen 2043 und 2055 der Fall sein wird. Auf die höheren Werte der Treibhausgasemissionen des Atomstroms bei sinkendem Urangehalt des Erzes haben wir bereits hingewiesen. 

Sicherheit des Betriebs: Beim Betrieb von Kernkraftwerken kann es aufgrund technischer Mängel oder menschlichen Versagens zu Zwischenfällen oder Unfällen kommen, die zu einer unmittelbaren Strahlenbelastung des Personals oder der Umwelt (Austritt radioaktiven Materials) führen. Zwar mögen diese Unfälle selten sein, aber wenn sie eintreten, sind sie entsprechend schwerwiegend. Die Liste der bekannten Unfälle ist lang.

Größere Unfälle ereigneten sich immer wieder: 1957 in Sellafield (England), 1979 Three Mile Island (USA), 1986 in Tschernobyl (UdSSR) und 2011 in Fukushima (Japan). Auch wenn die Sicherheitsvorkehrungen hoch sind und immer besser wurden, können Unfälle auch zukünftig nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere auch, weil menschliche Fehler nie ausgeschlossen werden können. 

Hinzu kommt, dass der Betrieb von Kernkraftwerken durch den Klimawandel gefährdet wird. Die aktuellen Kernkraftwerke benötigen Wasser zum Abtransport von Wärme, also zur Kühlung, welches aus naheliegenden Flüssen entnommen wird und auch wieder in diese eingeleitet wird. Während länger anhaltender Hitzeperioden steigen allerdings die Wassertemperaturen in Flüssen an. So mussten bereits in der Vergangenheit Reaktoren heruntergefahren werden, da kein Kühlwasser mehr zur Verfügung stand.

Problem der Endlagerung: Immer noch ungelöst ist die Frage, wo der am Ende des Betriebs anfallende, strahlende Atommüll eigentlich gelagert werden soll. Aktuell erfolgt dies im Wesentlichen in Zwischenlagern, häufig direkt bei den Kernkraftwerken. Weltweit gibt es noch in keinem Land ein Endlager für die mittelweile 245.000 Tonnen radioaktiver Abfälle weltweit. Unklar ist auch, welche Kosten eigentlich mit dieser langfristigen Aufgabe anfallen. Letztlich wird dafür in Deutschland der berühmte Steuerzahler eintreten müssen, da sich der Staat bereit erklärt hat, die Risiken der Endlagerung zu übernehmen. Zwar gibt es einen entsprechenden Fonds, in dem auch Zahlungen der Kraftwerksbetreiber einfließen. Ob dieser letztlich ausreichend ist, darf bezweifelt werden.

Gefahr der Verbreitung spaltbaren Materials. Mit dem Betrieb von Kernkraftwerken geht konkret die Gefahr einher, das spaltbares Material für militärische Zwecke genutzt werden kann (sogenanntes Problem der Proliferation). Auch besteht beim Betrieb atomtechnischer Anlagen immer die Gefahr, dass radioaktives Material in die Hände derer fällt, die Böses damit vorhaben. Insbesondere wenn sich die Anzahl der Anlagen aufgrund des Betriebs vieler kleiner Anlagen erhöht, wächst diese Gefahr. 

Abschließend wollen wir noch mal kurz die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte unserer kurzen Serie zur Atomkraft zusammentragen: 

1. Kernenergie deckt nur 4% des globalen Primärenergiebedarfs. Eine höhere Deckung würde zwangsweise einen massiven Ausbau der Kernkraftwerke bedeuten. 

2. Kernenergie ist teuer. Die Stromgestehungskosten sind für neue Kernkraftwerke höher als bei den erneuerbaren Energien. 

3. Der Neubau von Kraftwerken ist langwierig. Gleichzeitig sind die Uranreserven limitiert. 

4. Die bestehenden Atomkraftwerke sind bereits relativ alt und in den kommenden Jahren ist damit zu rechnen, dass in der Tendenz mehr Kraftwerke abgeschaltet als in Betrieb genommen werden. 

5. Kernenergie ist nicht klimaneutral. Der Ausstoß an Treibhausgasen pro kWh erzeugtem Strom liegt teilweise über dem der erneuerbaren Energien. 

6. Mit dem Betrieb von Kernkraftwerken sind Risiken und Probleme verbunden, die es bei der Gewinnung von erneuerbaren Energieformen nicht gibt. Diese werden auch durch den Einsatz neuer Reaktortechniken oder kleineren Reaktoren nicht alle gelöst. 

Fazit: Mit der Kernenergie ist eine ganze Reihe bisher ungelöster und vermutlich auch zukünftig kaum zu lösender Probleme verbunden, die bei der Verwendung erneuerbarer Energien nicht auftreten. Natürlich gibt es immer noch mehr zu einem Thema zu schreiben und keiner der Beiträge ist allumfassend oder gar abschließend. Trotzdem hoffen wir, dass unsere Beiträge in der Summe eine gute Grundlage zum Thema Kernenergie darstellen, auf der jede und jeder für sich die verschiedenen Argumente bewerten kann. 

Die weiteren Teile dieser Serie finden sich hier:

Teil 1: Die aktuelle Bedeutung der Kernenergie

Teil 2: Die Kosten der Kernkraft und des Atomstroms

Teil 3: Kernkraft ist nicht klimaneutral

Teil 4: Kleine Reaktoren: Small modular reactors (SMR)